Pflegegrad ersetzt Pflegestufe
Mit der Einführung des zweiten Pflegestärkungsgesetzes wurde eine umfassende Pflegereform durchgeführt, welche die früheren Pflegestufen ablöste. Die Bewertung der Pflegebedürftigkeit erfolgt seitdem anhand von Pflegegraden, wobei der Fokus auf der Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen liegt. Im Gegensatz dazu spielte früher der Pflegeaufwand eine entscheidende Rolle und wurde in Pflegeminuten gemessen.
Vor der Reform wurden Pflegebedürftige anhand von Pflegeminuten in verschiedene Pflegestufen eingeteilt. Hierbei waren einige Patient:innengruppen, besonders Demenzkranke, benachteiligt. In unserem Ratgeber erfahren Sie mehr über die Gründe für die Umbenennung von „Pflegestufen“ in „Pflegegrade“ sowie die damit einhergehenden Veränderungen. Es ist erwähnenswert, dass niemand durch die Umstellung schlechter gestellt wird als zuvor. Im Gegenteil, viele Pflegebedürftige profitieren von den neuen Pflegegraden.
Bestimmung des Pflegegrads eines Patienten
Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt anhand einer umfassenden Bewertung der Fähigkeiten in verschiedenen Lebensbereichen. Hierfür sind zahlreiche Unterpunkte definiert, die Selbstständigkeit, Fähigkeiten und mögliche Probleme oder Einschränkungen bewerten. Diese Kriterien werden in der Regel auf einer vierstufigen Skala bewertet. Der Gutachter oder die Gutachterin des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), der im Auftrag der Pflegeversicherung das Gutachten erstellt, bespricht diese Einzelkriterien mit den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen. Die vollständige Liste der abgefragten Fähigkeiten und Bewertungen finden Sie in Anlage 1 des 11. Sozialgesetzbuches (Anlage 1 SGB XI).
Für die Beurteilung der Selbstversorgungskompetenz werden dreizehn Kriterien herangezogen, die anhand der selbstständigen Durchführbarkeit bewertet werden. Hierzu gehören unter anderem Fähigkeiten wie das Waschen des vorderen Oberkörpers, das Duschen und Baden, Körperpflege wie Kämmen und Zähneputzen, An- und Auskleiden, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung, Essen und Trinken, Benutzung der Toilette, Bewältigung einer möglichen Inkontinenz sowie der Umgang mit Dauerkathetern und Stoma.
Punktebereich | Pflegegrad | Beeinträchtigung |
---|---|---|
12,5 bis 27 | 1 | Geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten |
27 bis 47,5 | 2 | Erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten |
47,5 bis 70 | 3 | Schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten |
70 bis 90 | 4 | Schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten |
90 bis 100 | 5 | Schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung |
Welche Pflegestufe zu welchem Pflegegrad geführt hat
Um allen Pflegebedürftigen, egal ob mit körperlichen, geistigen oder psychischen Einschränkungen, gerecht zu werden, wurden mit der Einführung der Pflegegrade zum 01. Januar 2017 die 3 alten Pflegestufen in die 5 neuen Pflegegrade umgewandelt. Alle Betroffenen mit einer bestehenden Pflegestufe wurden in einen Pflegegrad übergeleitet.
Aber wie erfolgt dabei die Umwandlung von den Pflegestufen zu den Pflegegraden?
Um von einer zugewiesenen alten Pflegestufe auf den neuen Pflegegrad zu schließen, ist es notwendig zu wissen, ob bei der oder dem Pflegebedürftigen eine eingeschränkte Alltagskompetenz vorliegt oder nicht. Diese bezieht sich auf jene Einschränkungen, die insbesondere Menschen mit Demenz, geistigen Behinderungen oder psychische Erkrankungen aufweisen.
Liegt bei Pflegebedürftigen keine eingeschränkte Alltagskompetenz vor, wird bei der Umwandlung von Pflegestufe zu Pflegegrad ein Grad gegenüber der zugrundeliegende Pflegestufe hinzugerechnet. Pflegebedürftige mit:
Pflegestufe 1 erhalten Pflegegrad 2
Pflegestufe 2 erhalten Pflegegrad 3
Pflegestufe 3 erhalten Pflegegrad 4
Jene Pflegebedürftige, bei denen bei Pflegestufe 3 ein Härtefall vorliegt, werden in Pflegegrad 5 umgewandelt. Liegen Einschränkungen der Alltagskompetenz vor, zum Beispiel bei Demenz, wird die alte Pflegestufe um 2 Grade erhöht. Pflegebedürftige mit
Pflegestufe 0 erhalten Pflegegrad 2
Pflegestufe 1 erhalten Pflegegrad 3
Pflegestufe 2 erhalten Pflegegrad 4
Pflegestufe 3 erhalten Pflegegrad 5
Zum neuen Pflegegrad 1 gibt es im System der Pflegestufen kein Äquivalent. Dieser kann daher nur neu anerkannten Pflegebedürftige zugeordnet werden.
Der Antrag auf einen Pflegegrad
Möchten Sie einen Pflegegrad für sich oder einen Angehörigen beantragen? Dann wenden Sie sich zunächst an Ihre zuständige Pflegeversicherung. Diese ist in der Regel mit Ihrer Krankenkasse verbunden und regelt die Leistungen im Pflegefall. Falls dies nicht der Fall ist, kann Ihnen Ihre Krankenkasse mitteilen, welche Pflegeversicherung zuständig ist. Privat Krankenversicherte ist gesetzlich verpflichtet, eine Pflegeversicherung abzuschließen. Diese ist dann im Pflegefall zuständig.
Sie können bei der Pflegeversicherung formlos per Brief, Fax oder E-Mail einen Antrag auf Pflegegrad stellen. Auch per Telefon ist dies möglich, jedoch kann das Datum des Antrags schlechter nachgewiesen werden. Dies ist jedoch wichtig, da es für die Leistungsberechnung herangezogen wird, selbst wenn der Bescheid erst viel später eintrifft.
Die zuständige Pflegeversicherung wird Ihnen dann ein Formular für den Antrag auf Pflegeleistungen zusenden. In diesem müssen Sie bereits recht genaue Angaben machen, wie Sie sich die Pflege vorstellen und welche Leistungen Sie beantragen möchten. Aber keine Sorge: Sie können sich Hilfe beim Ausfüllen des Antrags holen. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater der Pflegeversicherung, der innerhalb von 14 Tagen nach Antragstellung einen Termin mit Ihnen vereinbaren sollte, kann Ihnen dabei helfen. Alternativ können Sie sich auch an einen unabhängigen Pflegestützpunkt oder eine Pflegeberatungsstelle vor Ort wenden.
Auch für eine Höherstufung des Pflegegrades ist ein Antrag bei der Pflegekasse erforderlich. Dies kann sinnvoll sein, wenn sich aufgrund der gesundheitlichen Situation der pflegebedürftigen Person der tägliche Bedarf an Pflege und Betreuung erhöht hat.
Kontaktieren Sie uns